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Beitrag vom 14.04.2011
Simone de Beauvoir - 25. Todestag am 14. April 2011
Sharon Adler
Ein Portrait der Schriftstellerin, Feministin und "Philosophin der Wende zwischen den Geschlechtern" auf FemBio und AVIVA-Berlin. "New York mon Amour", ihr Reisetagebuch, in der Edition Ebersbach..
... im März 2011 erschienen, beschreibt den ersten Besuch von Simone de Beauvoir in Amerika im Jahr 1947.
Auf Einladung mehrerer Universitäten reist die prominenteste Vertreterin des Existentialismus in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Schon seit langem war es ihr Wunsch, die amerikanische Kultur zu entdecken, mit eigenen Augen zu sehen, was sie nur aus Filmen kennt und dem nachzuspüren, selbst zu erleben, was sie bei ihren bevorzugten SchriftstellerInnen gelesen hat.
Vor allem jedoch New York ist es, was sie will, diese unbändige, pulsierende Stadt, zieht Simone de Beauvoir wie magisch an, denn der Stadt eilt ein Ruf voraus, dem sich die Schriftstellerin nicht entziehen kann: "Es gibt nur eine Welt und New York ist nur eine Stadt in dieser Welt. Aber nein. Trotz aller Bücher, die ich gelesen habe, trotz aller Filme, Fotos und Berichte – in meiner Vergangenheit ist New York eine sagenhafte Stadt: und zwischen Wirklichkeit und Legende gibt es keine Verbindung."
Diese Verbindung ist es, die sich ihr allmählich offenbart, durch die Perspektive der Metropole aus dem Flugzeug heraus, beim ersten Anblick der Straßen, Häuser, Autos und hastenden Menschen überall. "Ich bewege mich nicht, ich schaue. Ich bin da und New York wird mir gehören." Dieser Stadt nun nähert sie sich langsam an, macht sich ihr vertraut, bis sie schließlich Besitz von ihr ergreift und sich von ihr einnehmen lässt. Nein, es ist keine Liebe auf den ersten Blick, die sie mit New York verbindet, doch zum Ende der Reise ist es weitaus mehr.
In der Beauvoir-typischen Erzählweise seziert sie hellwach - mal beschwipst vom Alkohol, mal verwirrt vom Marihuana - Begegnungen, Geräusche und Bilder einer Stadt, stellt Überlegungen zum Rollenverständnis der amerikanischen Frauen an. Der liebevoll aufbereitete, mit einigen der besten New York-Fotografien von Andreas Feininger ergänzte Band zu Ehren des 25. Todestags dieser bedeutenden Frau ist im Frühjahr 2011 in der Edition Ebersbach erschienen.
Simone de Beauvoir
New York mon Amour
Reisetagebuch
Mit einem Vorwort von Susanne Nadolny
Mit Fotos von Andreas Feininger
Edition Ebersbach, erschienen 15.03.2011
www.edition-ebersbach.de
200 Seiten, Halbleinen, Format: 12 x 19 cm
Bestell-Nr.: 978-3-86915-032-1
Euro 19,80
Philosophin der Wende zwischen den Geschlechtern
14. April 2011: 25. Todestag von Simone de Beauvoir
Die französische Schriftstellerin, Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir rebellierte gegen den Konformismus ihrer Zeit und ein erstickendes bürgerliches Reglement. Mit Jean-Paul Sartre entwarf sie eine neue Form der Beziehung zwischen Mann und Frau – basierend auf Vertrauen, Respekt und Freiheit. Eine innige Bindung mit Sylvie le Bon pflegte sie mit gleicher Intensität. Das Ideal der Freiheit leitete ihr politisches und philosophisches Programm; die Trias "Erkennen, Schreiben, Handeln" bestimmte ihre Lebenspraxis. Die Frauenbewegung erhielt entscheidende Impulse von der Vordenkerin der Wende zwischen den Geschlechtern.
Simone de Beauvoir wird am 9. Januar 1908 in Paris als "Tochter aus gutem Hause" geboren. Simones Vater ist Anwalt und begeistert sich für Literatur und Theater. Ihre Erziehung ist wie die ihrer jüngeren Schwester katholisch geprägt. Sie liebt die Ferien auf dem Lande, liest und schreibt viel. "Mit fünfzehn Jahren wünschte ich mir, dass die Leute eines Tages meine Biographie mit gerührter Neugier lesen würden. Diese Hoffnung war es, die in mir den Wunsch weckte, eine bekannte Autorin zu werden"
Beauvoir studiert Philosophie und Literatur an der Sorbonne und der renommierten Ecole Normale Supérieure (Elitehochschule für die Lehramtsfächer). Sie unterrichtet zehn Jahre lang Philosophie an Lyzeen in Marseille, Rouen und Paris. Zu Hause ist sie zeitlebens in Montparnasse und seit 1953 auch in Rom.
Der Durchbruch zur "bekannten Autorin" kommt mit Sie kam und blieb (1943) und Das Blut der anderen (1945). Beauvoir schreibt insgesamt sechs Romane, darunter das preisgekrönte Werk Die Mandarins von Paris (1955), Erzählungen, ein Drama, Essays zu Philosophie, Literatur, Politik und Gesellschaft sowie ihre Autobiographie in vier Bänden.
In getrennten Wohnungen genießen Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre "die Vorteile des Lebens zu zweit und keine seiner Unannehmlichkeiten". Freiheit und "vollständiges gegenseitiges Vertrauen" sind die Grundlage ihrer Beziehung. Einen Heiratsantrag ihres Gefährten lehnt sie ab.
Beauvoir und Sartre hatten eine Widerstandsgruppe gegen die Kollaboration gegründet und sich mit Gleichgesinnten verbündet. Daraus geht ihr erstes politisches Programm und die gleichnamige Bewegung "Sozialismus und Freiheit" hervor. In der Folge lernen sie die bedeutendsten Köpfe Frankreichs kennen. Beauvoir und Sartre gründen 1945 zusammen mit anderen engagierten Intellektuellen Les Temps Modernes, die wichtigste literarisch-politische Zeitschrift im Nachkriegsfrankreich.
Auf Einladung von Regierungen, als Gesandte der linksintellektuellen "Internationale" und auch privat unternimmt Beauvoir viele Reisen: Europa, Nord-, Mittel- und Südamerika, Naher und Ferner Osten, die UdSSR und China. Zahlreiche Reportagen und Tagebücher entstehen. Die Autorin lässt sich weder privat noch politisch vereinnahmen. Immer dort, wo es um die Freiheit geht, handelt sie. Sie verteilt Flugblätter und verbotene Zeitungen, sie engagiert sich im Fall des Ungarn-Aufstands und für Algerien. Kuba wird einer Inspektion unterzogen. Und sie steht seit 1970 der neuen internationalen Frauenbewegung engagiert "zur Verfügung". Beauvoirs Analyse der Realität von Frauen im Patriarchat ist bahnbrechend. Das andere Geschlecht (1949, deutsch 1951) ist die Grundlage für die Weiterentwicklung der Frauenbewegung und gilt bis heute als Standardwerk. Das Buch wird ein Welterfolg.
"Auch Genossen sind Paschas. (...) Der Widerspruch Frau / Mann ist genauso wichtig wie jeder andere. Da steht immerhin die Hälfte der Menschheit gegen die andere Hälfte. Beide, Geschlechter- und Klassenwiderspruch, sind wichtig. (...) die Frauenbewegung muss eine Verbindung zwischen beiden finden."
So Beauvoir in einem Interview mit Alice Schwarzer 1976. Damit ist sie Vorreiterin einer Entwicklung, in der inzwischen jede Freiheitsbewegung auch den Sexismus zu überwinden versucht.
Simone de Beauvoir, die bekannteste Intellektuelle ihres Landes, stirbt am 14. April 1986, vor 25 Jahren.
Die Original-FemBiografie zu Simone de Beauvoir von Marion Kremer sowie umfassende Informationsquellen finden Sie auf: www.fembio.org.
FemBio (Hannover/Boston) von Professorin Luise F. Pusch ist das weltweit umfassendste Frauenbiographie-Portal und steht für den größten Schatz an verfügbaren Frauenbiographien – mit den Schwerpunkten Europa und Amerika.
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Simone de Beauvoir zum 100. Geburtstag
(Quelle: FemBio Frauenbiographieforschung e. V., Bearbeitung: Evelyn Thriene, AVIVA-Berlin, Edition Ebersbach)